Historie

Historie des Arbeitskreises Umweltüberwachung (AKU)

Die Gründungssitzung des Arbeitskreises Umweltüberwachung (AKU) fand am 3. April 1973 in Bonn statt. Seither sind fast fünf Jahrzehnte vergangen, in denen der Arbeitskreis über 100-mal ordentlich zusammentrat. Er kann heute auf eine erfolgreiche Arbeit auf einem Gebiet des Strahlenschutzes zurückblicken, das auch in der Bevölkerung lebhaftes Interesse gefunden hat. Die Überwachung der Strahlenexposition in der Umgebung kerntechnischer Anlagen und die Überwachung der Umweltradioaktivität, die Weiterentwicklung der ihr zugrunde liegenden Konzepte, die Vereinheitlichung und Optimierung angewandter Messverfahren und ihre Beschreibung waren von Anfang an Thema und dominierende Aufgabe im AKU.

Dem Anlass seiner Gründung und seinem Namen entsprechend hat sich der Arbeitskreis vorwiegend damit befasst, Empfehlungen zur praktischen Durchführung der Umwelt- und Umgebungsüberwachung zu erarbeiten. Er hat es nicht als seine Aufgabe betrachtet, sich Zielsetzungen radioökologischer Forschung zu eigen zu machen, wohl aber, radioökologische Erkenntnisse für eine effektive, routinemäßige Überwachung zu nutzen . So merkwürdig es klingt, hat doch gerade diese thematische Selbstbeschränkung die engagierte Mitwirkung von Mitgliedern des Fachverbands aus sehr unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen bewirkt. Der AKU zählt Vertreter von atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbehörden, von Leitstellen des Bundes, vom Bundesamt für Strahlenschutz, aus Bereichen der Technischen Überwachung, von Betreibern von Kernkraftwerken, von Forschungseinrichtungen, von Universitäten und von Firmen der Messgeräteindustrie zu seinen Mitgliedern. Sie kommen aus Deutschland, aus der Schweiz und Österreich. In dieser gemischten Zusammensetzung der Mitglieder liegt die Stärke des Arbeitskreises. Stellungnahmen des AKU zur Umgebungsüberwachung tragen das Siegel eines breiten Konsenses und sind nicht verengt auf die Sichtweise einer Institution oder Interessengruppe. Wohl nicht zuletzt deshalb war der AKU vom zuständigen Bundesministerium gebeten worden, an der Erarbeitung der im November 1979 erstmals erschienenen "Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen" (REI) mitzuwirken.

Schon auf einer der ersten Sitzungen des AKU wurde beschlossen, "Empfehlungen zur Überwachung der Umweltradioaktivität" in der Form einer Loseblattsammlung zu veröffentlichen. Die 1. Teillieferung (Grundwerk) erschien im Dezember 1979, die 6. Teillieferung erfolgte im Januar 2003 und enthielt sowohl aktualisierte Blätter als auch Blätter mit neuen Themen. Derzeit liegt der Umfang der Loseblattsammlung bei rund 700 Seiten. Und, wie kann es anders sein, längst ist die Aktualisierung von Blättern zu einer permanenten Aufgabe geworden. Die Thematik blieb nicht auf die Überwachung der Umgebung vorwiegend kerntechnischer Anlagen beschränkt, sondern befasst sich beispielsweise auch mit Gesichtspunkten der Emissionsüberwachung nicht-kerntechnischer Anlagen.

Das Ereignis von Tschernobyl war auch für den AKU eine besondere Herausforderung. In Erfüllung eines Auftrages des FS-Direktoriums wurde 1986 eine Sichtung und Auswertung von mehr als 20.000 Einzelmesswerten vorgenommen und für die alten Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland und für vier Regionen der Schweiz zu Mittelwerten zusammengefasst. Bereits im Oktober 1986 erschien die Arbeit unter dem Titel "Die Radioaktivität in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl - Ergebnisse einer Messwerterhebung des AKU". Allein diese Publikation wurde zu mehr als 2000 Exemplaren auf Anforderung verteilt. Im März 1987 erschien eine englische Übersetzung dieser Publikation und im Oktober 1987 folgte eine Zusammenstellung von rund 1000 Strontiummessergebnissen.

Forderungen und Vorschläge des AKU zur Verbesserung der Vorsorge sind in der Studie "Aufgaben der Radioaktivitätsmessung in der Umwelt nach weiträumiger Verteilung als Folge einer unfallbedingten Freisetzung radioaktiver Stoffe" enthalten, die 1987 veröffentlicht wurde. Vordringlich erschien dem AKU die Aufgabe, einen Überblick über bereits vorhandene Schnellmethoden zur Bestimmung künstlicher Alphastrahler zu geben. Ein umfassender Bericht über die "Schnellmethoden zur Analyse von Plutonium und anderen Aktiniden in Umweltproben" erschien im November 1990 in der Reihe "Fortschritte im Strahlenschutz" im Verlag TÜV Rheinland. Analog wurde für die Bestimmung von Radiostrontium im Jahr 2008 eine umfassende Schrift publiziert mit einer zusammenfassenden Darstellung aktueller Verfahren zur radiochemischen Trennung, zur Messung und zur Auswertung.

Mit den im Juli 1989 vom AKU veröffentlichten "Empfehlungen zur Aktualisierung der Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen" wurde ein wesentlicher Anstoß zur Überarbeitung dieser Richtlinie gegeben. Die Richtlinie wurde 1993 und 2005 unter Beteiligung des AKU in ihrem Hauptteil und ihren Anhängen für Kernkraftwerke und sonstige kerntechnische Anlagen neu gefasst. Zwischendurch wurde sie um die Anhänge für Brennelementfabriken, Brennelement-Zwischenlager und Endlager für radioaktive Abfälle erweitert. Diese erschienen im August 1993 und März 1996. Der AKU hat ein richtungweisendes Loses Blatt zur Berichterstattung nach den allgemeinen Vorgaben der REI vorgelegt.

Infolge der politischen Entscheidung zum Ausstieg aus der Kerntechnik in Deutschland hat sich der AKU seit dem Jahr 2000 auch mit dem Thema „Rückbau von kerntechnischen Anlagen“ und den Empfehlungen und Vorgaben für die einschlägige Radioanalytik hierzu befasst. Hinzu kamen im Gefolge von Bedrohungen durch terroristischen Einsatz von radioaktiven Stoffen auch Erörterungen von Messverfahren zur Begegnung dieses neuartigen Phänomens. Auch gewinnt die Überwachung der allgemeinen Umweltradioaktivität seit der Ausstiegsentscheidung wieder an Bedeutung.

Die Thematik „Non human radiation protection“ begleitet der AKU seit 2003 durch eine lediglich zur Beobachtung der Entwicklung eingesetzte Arbeitsgruppe, ohne sich nennenswert an der diesbezüglichen Sachdiskussion auf internationaler Ebene zu beteiligen.

Sowohl für Fachverbandsmitglieder als auch für jedermann hat der AKU mit dem Internet ein effektives Medium zur Darstellung seiner Aktivitäten und Ergebnisse gefunden (http://www.fs-ev.org dort: Arbeitskreise - Umweltüberwachung): So wurden mit der Herausgabe der 6. Teillieferung der Loseblattsammlung gleichzeitig fast alle noch aktuellen Blätter früherer Lieferungen im Internet zur Verfügung gestellt. Neue und überarbeitete Blätter sind nach Verabschiedung im AKU schnell für jedermann elektronisch verfügbar. Eine außerordentlich nützliche Zusammenstellung von zahlreichen Richtwerten und Grenzwerten im Strahlenschutz ist seit 2003 ebenso im Internet eingestellt und hat große Anerkennung gefunden. Sie erschien außerdem unter dem Titel „Radioaktivität und Strahlung – Grenzwerte und Richtwerte“ in der Publikationsreihe „Fortschritte im Strahlenschutz“, TÜV-Verlag GmbH, Köln.

Die Anzahl der AKU-Mitglieder war, besonders nach Tschernobyl, angewachsen und stagniert seit mehreren Jahren bei etwa 30 Personen. Die Gewinnung jüngerer Mitglieder nach altersbedingtem Ausscheiden anderer gestaltet sich angesichts von andauernden Personaleinsparungsmaßnahmen bei Firmen und Behörden seit den 1990-er Jahren recht schwierig. Die Teilnehmerzahl auf den Sitzungen liegt dennoch im Mittel zwischen 20 und 30. Deshalb stellte sich mit Recht die Frage nach einer effektiven Arbeitsorganisation. Wir glauben, dieses Problem gelöst zu haben: Seit 1986 hat es viele kleine Ad-hoc-Arbeitsgruppen gegeben, die mit der Erarbeitung von Entwürfen zu vorher vom Plenum definierten Themen beauftragt waren und sind. Seit jeher befassen sich mehrere Arbeitsgruppen des AKU mit der Aktualisierung bestehender Loser Blätter. Des Weiteren werden abwechselnd und entsprechend der Aktualität folgende Themen bearbeitet:

  • Qualitätssicherung/Qualitätskontrolle/Zertifizierung von Radioaktivitätsmesslabors
  • Fortführung der Zusammenstellung einschlägiger Normen für die Überwachung der Ra-dioaktivität in der Umwelt,
  • Freigabemessverfahren für schwach radioaktive Materialien,
  • Schnellmessverfahren und nuklidspezifische Bestimmungsverfahren,
  • Neutronendosismessungen bei nuklearen Zwischenlagern.

Neben der Gelegenheit zur Mitarbeit an der Fortführung der Loseblattsammlung bietet der AKU allen seinen Mitgliedern ein Forum, über eigene praktische Erfahrungen zu berichten, Messverfahren und Messergebnisse vorzustellen, Fragen zu stellen und auf Probleme aufmerksam zu machen, über besuchte Tagungen zu berichten oder sich auch nur über aktuelle Entwicklungen unseres Fachgebietes zu informieren. - So wurden beispielsweise jeweils anlassbezogen die folgenden Themen behandelt:

  • Plutoniummessungen in der Umgebung kerntechnischer Anlagen,
  • die europaweite Verfrachtung einer in Spanien aufgeschmolzenen Cäsiumquelle,
  • ein internationaler Messvergleich in Tschernobyl,
  • "aufregende" Cs-137-Befunde in den Alpen und
  • Strahlenschutzgesichtspunkte in den überseeischen französischen Kernwaffentestgebieten
  • das vorsätzliche Herausschmuggeln plutoniumhaltiger Abfälle aus einer Wiederaufarbeitungsanlage mit anschließenden Kontaminationsmessungen in Privatwohnungen oder
  • Freisetzungsereignisse bei kerntechnischen Anlagen und
  • besondere Nachsorgefälle.

Aktuelle Schwerpunkte liegen auf der Vorbereitung von Messanleitungen der LBS für ISO-Normen und der Berücksichtigung der DIN Vorschrift 11929 zur Berechnung der NWG. Wer noch mehr über den AKU erfahren möchte, sollte an einer seiner Sitzungen teilnehmen. Die liberale Rahmengeschäftsordnung für die Arbeitskreise des Fachverbandes für Strahlenschutz lässt jederzeit die Einladung von Gästen zu. In der Regel finden zwei Sitzungen pro Jahr statt, eine im Frühjahr und eine im Herbst. Kurzprotokolle der letzten Sitzungen finden Sie unter der Rubrik "Arbeitskreise", sowohl in der Zeitschrift "StrahlenschutzPraxis" als auch im Internet unter www.fs-ev.org. Unter der Rubrik "Termine" steht auch, wann und wo die nächste Sitzung stattfinden wird.

 

Thomas Steinkopff
ehemaliger AKU-Sekretär